Mit gebrochenem Fuß siegreich im Neunmeterschießen

 T16 FP Jubel„Nach dem ersten Neunmeter war ich mir sicher, dass ich alle weiteren Schüsse auch halte“, berichtete ein völlig euphorisierter Julian Theilen, nachdem er kurz zuvor drei Strafstöße der Weender entschärfen und zur Belohnung den Wanderpokal des Flecken Bovenden aus den Händen des Gemeindebürgermeisters Thomas Brandes in Empfang nehmen durfte.

Der Verlauf des Endspiels stand stellvertretend für den hohen Spannungsfaktor, der den kompletten Finaltag begleitete und sich durch nahezu alle Zwischen- und Endrundenpartien zog. Bereits der erste Auftritt des BSV im Duell mit den technisch starken Mündenern von Türkgücü hatte es in sich. Nach schläfrigen Patzern im Aufbauspiel lagen die Gelb-Schwarzen binnen fünf Minuten mit 0:4 im Hintertreffen, doch eine famose Aufholjagd wurde 15 Sekunden vor Schluss mit dem 5:4 Siegtreffer durch Hussein Noureddine gekrönt.

Der seit 8 Jahren in Diensten des BSV stehende Torjäger holte zum Schrecken des Publikums aus 13 Metern mit Vollspann zum Torschuss aus, während die versammelte Trainerschar auf der Tribüne mehrstimmig zum „spiel doch endlich ab, du Knecht!“ ausholte - doch „Nouris“ Risikoschuss schlug unhaltbar im Winkel in, der Jubel mit erhobenem Zeigefinger war so ziemlich die emotionalste Freude Noureddines, seit er für seinen heimlichen Lieblingsverein die Schuhe schnüren darf.

Aber auch die Partien ohne Bovender Beteiligung standen in puncto Nervenkitzel keinen Deut zurück. Der SC Hainberg hatte sich mit Coach Dennis Erkner besonders intensiv auf das Turnier vorbereitet. „Das Bovender Turnier ist für mich das Wichtigste, das möchte ich unbedingt gewinnen“, hatte mir der Erfolgstrainer von den Zietenterrassen zwei Wochen vor dem ersten Anstoß zwischen zwei JET-Zapfsäulen versichert und eine taktisch sehr geschickte Defensivstrategie entwickelt. Gegen die favorisierte SVG konterten Pfitzner, Weiss und Co. äußerst effektiv und straften den bösen Vorahnungen ihres Trainers Lügen. „Schöne Scheiße“ kommentierte Erkner per Facebook-Nachricht die meinerseits übermittelte Zusammensetzung der Endrundengruppen - doch das Understatement erwies sich als gänzlich unbegründet, denn der SC Hainberg qualifizierte sich mit dem abschließenden 2:2 gegen den FC Grone für das Halbfinale.

Die Groner sahen in diesem Spiel bis zwanzig Sekunden vor Schluss wie der sichere Sieger aus, als Hainberg nach einer Ecke zum Ausgleich kam. Aus Frust über eine falsche Zeitnahme schoss Adrian Koch den Ball in Richtung der Turnierleitung und sah dafür die Rote Karte. Sein Mitspieler Mathis Gleitze berichtete im Anschluss, Koch beabsichtigte den Autor dieser Zeilen zu treffen, da er diesen fälschlicherweise für den Verursacher der Zeitpanne hielt. Von guten Fußballern abgeschossen zu werden, verstehe ich als Ehre und Krönung meiner bescheidenen Karriere.

Neben dem SC Hainberg, dem SCW und dem BSV qualifizierte sich auch Sparta Göttingen für das Halbfinale. Da das BSV A-Team bereits in der Vorrunde scheiterte, kam es leider nicht zu einer Neuauflage des Vater-Sohn-Treffens zwischen Enrico (Sparta) und Romano (BSV) Weiß, was Mitte Dezember beim Turnier der SVG Einbeck noch für Aufsehen sorgte. „Hauptsache nicht gegen meinen Vater verlieren“, gab Romano damals als Ziel aus, welches sowohl beim 3:3 in Einbeck, als auch mit dem bewusst provozierten vorzeitigen Vorrundenaus in Bovenden erreicht werden konnte. Das Team um Trainer Esmir Muratovic steigerte sich am Finaltag, insbesondere funktionierten die gut abgestimmten Torwartwechsel von Latscho Theune und Ali Nasreddine, so dass sie im Halbfinale erst gegen Ende den schwindenden Kräften Tribut zollen und sich gegen den SCW Göttingen nach 3:1-Führung noch mit 3:4 geschlagen geben mussten.

Das Finale hatte nicht nur Derbycharakter, sondern bot genügend Gesprächsstoff für einen gesonderten Bericht über mehrere Seiten. Eine zentrale Rolle nahmen dabei die Torhüter beider Mannschaften ein. SCW-Keeper Julian Kratzert hatte ich gestern einen eigenen Artikel versprochen, doch vorerst müssen ein paar Zeilen genügen. Da Julian Humor versteht und er die Erlaubnis erteilt hat, gibt es nun je nach Vereinspräferenz zwei Versionen ein und derselben Geschichte:

Version 1: Kurz vor Ende der Verlängerung ersann er sich seiner Bovender Wurzeln, dachte an leidige 33 Jahre ohne Turniersieg, aktivierte das altruistische „man muss auch gönnen können“-Gen, ließ einen Schuss von Lorenz Brudniok durch die Hände gleiten und ermöglichte auf diese Weise das Neunmeterschießen, dessen Ende bekannt ist.

Version 2: Julian Kratzert ist Mister Allrounder beim SCW: auf dem Feld agiert er als torgefährliche Offensivkraft, die mit einem präzisen Schuss und starker Technik ausgestattet ist. In der Halle mimt er den spielenden Torwart, der den Aufbau dirigiert, Mitspieler in Szene setzt und wuchtige Torabschlüsse sucht. Im Halbfinale gegen den Bovender SV rettete er seine Farben mit starken Paraden in die Verlängerung, in der er beide Tore zur 4:2-Führung indirekt vorbereitete. Letztlich reichte es nur zum 4:4, doch auch im Neunmeterschießen zeigte „Jule“ seine Klasse, als er gegen Gerbi Kaplan parierte. Gäbe es einen Torwart-Gott im Himmel, er würde Julian heißen.

Zufälligerweise heißt auch der Bovender Torwart „Julian“ - Theilen „teilte“ (*Brüller) sich seinen Job mit Gerbi Kaplan, der im Zweifelsfalls in Trainingsjacke das Kommando an sich riss und u.a. auch die Aufholjagd gegen Türkgücü initiierte. Nach dem unglücklichen Turnierauftakt steigerte sich Julian immens, zeigte große Moral und krönte seine tolle Leistung mit drei Paraden beim Neunmeterschießen - allesamt übrigens mit mutmaßlich gebrochenem Fuß, so zumindest die Erstdiagnose von Dr. Glaskugel nach Begutachtung der dicken Schwellung.

Prägender Abschluss waren die Freudentränen, die Trainer Simo Siric nach dem Triumph vergoss sowie sein anschließendes Telefonat mit dem Vereinsvorsitzenden Dr. Alexander Schneehain, den er lässig mit „Häääh!“ begrüßte. „Gibst Du uns nen Fuffi?“ verhandelte Simo knallhart einen Zuschuss zur Siegesfeier bei Pizza und Pasta heraus. Solche Leute sind Gold wert!

Im 33. Jahr heißt der Sieger des Turniers um den Wanderpokal des Flecken Bovenden zum ersten Male „Bovender SV“. Folgende Spieler werden damit in die Vereinsannalen eingehen:

Julian „Skinny Jules“ Theilen
Gerbi „Der Vorleser“ Kaplan
Dominic „Disco-Dome“ Reimann
Felix „Laufwunder und BSV Eigengewächs“ Duhm, alias „Felix Buch“ (wie er im GT Sportbuzzer gerne genannt wird)
Alexander „The Hammer und BSV Eigengewächs“ Probst
Erki „die schweigende Pferdelunge“ Coskun (hat im Endspiel tatsächlich mal einen Mitspieler angemeckert)
Hussein „Halal-Cristiano“ Noureddine
Lolle „Oberschenkel-Probleme“ Brudniok
Als Trainer an der Bande: Simo „Spanferkel-Killer“ Siric

Herzlichen Glückwunsch!